Freiwillige Krankenversicherung – Vorsicht Beitragsfalle!

In der freiwilligen Krankenversicherung gab es 2014 rund 5,5 Millionen Versicherte, die Rentner nicht mitgezählt. Es sind überwiegend Selbständige und Freiberufler, die in die freiwillige Versicherung einzahlen.

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Doch besonders Menschen, die sich selbständig machen wollen wissen nicht um die Risiken bei der freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung. Die freiwillige Krankenversicherung für Selbständige unterscheidet sich hinsichtlich der Beiträge fundamental gegenüber der Krankenversicherung für Angestellte!

UPDATE: Anfang 2018 hat sich die Beitragsberechnung für freiwillig in der GKV Versicherte geändert. Selbständige wurden in der Vergangenheit massiv benachteiligt!  Und wer dies nicht weiß, der kann schnell teure Fehler machen. So ist eine Beitragsrückerstattung bei zu viel gezahlten Beiträgen erst seit Anfang 2018 möglich! Der Artikel ist also nicht mehr ganz aktuell und wird bald angepasst!

Vorsicht Beitragsfalle: die Probleme bei der freiwilligen gesetzlichen Versicherung:

Was ist besonders bei der freiwilligen Krankenversicherung für Selbständige?

Um gleich mit dem größten Problem anzufangen: die Beitragseinstufung geschieht anhand des Einkommensteuerbescheids und wird zur Berechnung des zukünftigen Beitrags herangezogen. Das bedeutet, daß das derzeitige Einkommen völlig belanglos sein kann, es zählt nur das vom letzten Einkommensteuerbescheid, den man der Krankenkasse eingereicht hat!

Beispiel: Wer den Einkommensteuerbescheid von 2013 im Dezember 2014 erhalten hat und diesen sofort der Krankenkasse eingereicht hat, der wird Anfang Januar 2015 anhand des Bescheides von 2013 seinen Beitrag entrichten müssen.

freiwillige KrankenversicherungDas Problem dabei: wenn man 2013 gut verdient hat und demnach auf den Höchstbeitrag eingestuft wird, dann ist es egal, ob man 2014, 2015 und 2016 schlecht verdient, man zahlt trotzdem den Höchstbeitrag und zwar bis zur Zusendung des nächsten Bescheides. Wenn man sich mit der Steuererklärung für 2014 dann Zeit gelassen hat und diese vielleicht erst Ende 2015 einreicht und die Steuererklärung erst Im März 2016 vom trödelndem Finanzamt zurückerhält, dann wird man bis Aril 2016 den Höchstbeitrag zahlen, der aus 2013 herrührt!

Selbst wenn man 2014, 2015 und auch bis April 2016 nur Einnahmen in Höhe des Mindestbeitrages hat, so muss man trotzdem den Maximalbeitrag bezahlen. Selbst wer dann in 2014 und 2015 nur 1000 Euro im Monat verdient, der muss den vollen Beitrag zur freiwilligen Krankenversicherung bis zur Beitragsbemessungsgrenze zahlen. Das sind inklusive Pflegeversicherung etwa 680 Euro im Monat!!!

Manche gesetzliche Krankenkassen bieten den freiwillig Versicherten eine Herabstufung des Beitrags für die freiwillige Krankenversicherung an, wenn die Einkommensverringerung belegt werden kann. Wenn man 2014 sieht, dass man ganz wenig Einnahmen hat, dann sollte man versuchen eine Hearbstufung zu beantragen. Doch diese Einkommensverringerung zu belegen ist nicht immer einfach und manche Krankenkassen bestehen auf die Einstufung anhand des Steuerbescheides. Das gibt das Gesetz leider so her und ist in § 240 Sozialgesetzbuch (SGB V) und den Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler (BVSzGs) so geregelt. Dann zahlt man in der freiwilligen Krankenversicherung jeden Monat über 300 Euro mehr, als man anhand des Einkommens eigentlich zahlen müsste.

Und wer glaubt, daß man die aufgrund des niedrigen Einkommens in 2014 und 2015 im Grunde zuviel gezahlten Beiträge zurückbekommt, der irrt. Auch die Zusendung des Einkommensteuerbescheides von 2014, in dem ja wenig verdient wurde, bewirkt nur eine Anpassung im Monat nach der Zusendung. Im Beispiel also ab April 2016. Eine Rückerstattung zu viel gezahlter Beiträge gibt es für die freiwillige Krankenversicherung nicht, während zu wenig gezahlte Beiträge auch Jahre später noch nachgefordert werden können. Hier ist das Einkommen dann plötzlich wieder relevant, daß man im den letzten Jahren hatte!!!

Bei Nachforderungen wird plötzlich doch wieder das Einkommen vergangener Jahre relevant

Hat man zu wenig Beiträge in die freiwillige Krankenversicherung gezahlt, dann berechnet die Krankenkasse die Einkünfte rückwirkend auf DIE ERSTELLUNG des eingegangenen Einkommensteuerbescheides zurück. Hier ist es dann nicht egal, wie hoch das Einkommen ist, anders also wie bei der Betrachtung, wenn man zu viel Beiträge bezahlt. Und wichtig dabei ist auch zu wissen, daß man den Einkommensteuerbescheid innerhalb von 1 Monat der Krankenkasse zusenden muss. Ansonsten wird das Datum genommen, wenn der Bescheid bei der Krankenkasse eintrifft, natürlich nur, wenn die Krankenkasse davon einen Vorteil hat.

In unserem obigen Beispiel gehen wir jetzt mal davon aus, dass man von den Regelungen mit der Beitragsfestsetzung anhand von Steuerbescheiden bei der freiwilligen Krankenversicherung nichts wusste und sich mit der Zusendung des Steuerbescheides 2013 Zeit lässt. Vielleicht war man mal schnell und hat man im April 2015 sogar schon den Bescheid für 2014 erhalten. Jetzt sendet man beide Bescheide erst im März 2016 der Krankenkasse. Soweit kein Problem, wenn man 2014 und 2015 sowieso die maximalen Beiträge gezahlt hat.

Aber wenn man Ende 2014 absehen konnte, daß man ja nur gering verdient hat und es geschafft hat bei der Krankenkasse den Beitrag Anfang 2015 herabsetzen zu lassen, der hat jetzt ein riesen Problem. Denn man hat den Bescheid 2014 nicht innerhalb eines Monats zugesandt. Deshalb wird jetzt der Beitrag rückwirkend seit der Ausstellung des 2013 Bescheides berechnet und zwar bis zum Eingang des nächsten Bescheides. NICHT BIS ZUM AUSSTELLUNGSDATUM, wie es sonst der Fall ist. Jetzt wird man für die Zeit vom Januar 2015 bis April 2016 auf den Höchstbeitrag eingestuft und muss kräftig nachzahlen. Sonst hätte man das ja nur für die Zeit bis April 2015 machen müssen. Das sind über 4500 Euro Nachzahlung, obwohl man ja laut Bescheid 2014 wenig verdient hat. Und hätte man wenigstens den Bescheid 2014 im April 2015 der Krankenkasse zugesand, dann wären es nur etwa 5 Monate Nachzahlung, also etwa 1500 Euro gewesen.

Hier sind ganz irrwitzige Situationen möglich, wenn man es versäumt den Bescheid innerhalb eines Monats zuzusenden. Ich kenne einen Fall von einem Bekannten, bei dem für 2,5 Jahre die Beiträge rückwirkend eingefordert wurden, was 8600 Euro Nachforderung ausmachte. Und das bei einem Minimaleinkommen in den letzten vier Jahren. Damit hat mein Bekannter für über 2,5 Jahre im Monat mehr Krankenversicherungsbeiträge in die freiwillige Krankenversicherung gezahlt als er Einkommen hatte!!! Er hat einfach nicht gewusst, dass es diese Regelungen gibt und geglaubt jeder Mensch in Deutschland würde ja anhand seines Einkommens Krankenversicherungsbeiträge zahlen. Nicht so in der freiwilligen Krankenversicherung!

Tipps für Existenzgründer als freiwillig Versicherte in einer GKV

Wenn man sich selbständig macht, dann sollte man immer nur den Mindestbeitrag bei der gesetzlichen Krankenkasse zugrunde legen lassen, denn zuviel gezahlte Beiträge erhält man nicht zurück! Wenn man mehr verdient hat, dann muss man halt nachzahlen, aber besser nachzahlen, als Beiträge zu verschwenden.

Wer sich selbständig macht, der kann oftmals nicht einschätzen, wie hoch das Jahreseinkommen sein wird. Bei einer freiwilligen Krankenversicherung wird sich die Krankenkasse deshalb an den Schätzwerten des Gründers orientieren, denn es gibt ja noch keinen Einkommensteuerbescheid. Hier sollte man immer den Mindestbeitrag zugrunde legen lassen, der ja immer noch recht hoch ist. Im Jahre 2016 sind das etwa 380 Euro im Monat inklusive Pflegeversicherung.

Unter Umständen können Existenzgründer auch die Mindestbemessungsgrundlage für Existenzgründer erhalten, bei der ein monatliches Einkommen von 1.452,50 € als Grundlage für die Krankenversicherungsbeiträge herangezogen wird. Hier sollte man sich bei der jeweiligen gesetzlichen Krankenkasse erkundigen, unter welchen Voraussetzungen dies möglich ist.

Der Mindestbeitrag in der freiwilligen Versicherung bei einer gesetzlichen Krankenkasse

Beim Mindestbeitrag für die freiwillige Krankenversicherung wird ein fiktives monatliches Einkommen von 2.178,75 € zugrunde gelegt. Das ist die Mindestbemessungsgrenze für Selbständige. Darauf zahlt man 2016 die 14,6 Prozent Krankenkassenbeitrag plus des durchschnittlichen Zusatzbeitrages von 1,3 Prozent, den die jeweilige Krankenkasse erhebt. Und die 2,35 Prozent Beitrag für die Pflegeversicherung. Macht etwa 380 Euro im Monat aus, je nach Krankenkasse und Zusatzbeitrag.

Wer weniger verdient hat Pech gehabt, eine Herabsetzung des Mindestbeitrags ist nur in ganz seltenen Fällen möglich. Meist muss man dann dafür weniger als 11.340 Euro Vermögen haben und nachweisen, wie viel man verdient und wie man den Lebensunterhalt bestreitet. Das dürfte für einen Selbständigen kaum sinnvoll sein, denn dann würde man besser die Selbständigkeit aufgeben.

Alle Einkunftsarten werden zur Beitragsbestimmung herangezogen

Bei der freiwilligen Krankenversicherung werden alle Einkunftsarten herangezogen. Bei Selbständigen also in erster Linie die Einnahmen aus der gewerblichen Tätigkeit. Aber auch aus Vermietung und Verpachtung oder aus Kapitaleinkünften. Wer also neben den gewerblichen Einnahmen noch Einnahmen aus der Vermietung von Wohnungen hat, der muss auf die Gesamtheit der Einkünfte seine Krankenkassenbeiträge zahlen.

Bei einem Angestellten wird nur der Bruttolohn als Beitragsgrundlage herangezogen. Wer 1500 Euro Brutto verdient und 4000 Euro Mieteinnahmen als Angestellter hat, der zahlt nur auf die 1500 Euro etwa die Hälfte des Beitrags, die andere Hälfte der Arbeitgeber. Der Angestellte zahlt also etwa 140 Euro Krankenversicherung und Pflegeversicherung (und nochmal etwa 140 Euro der Arbeitgeber), während der Selbständige bei 1500 Euro Gewerbeeinkünfte und 4000 Euro Mieteinnahmen etwa 775 Euro monatlich zahlt. Also den Maximalbeitrag bis zur Beitragsbemessungsgrenze 2016.

Zu beachten ist auch, das bei der Beitragsberechnung keine steuerliche Betrachtung erfolgt, sondern sich an den Einnahmen orientiert. Besonders die Vorsorgeaufwendungen (beispielsweise die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung) werden zwar steuerlich anerkannt und führen zur Reduzierung des Steuersatzes. Bei der Beitragsberechnung zur freiwilligen Krankenversicherung werden diese Abzüge jedoch nicht berücksichtigt.

Wer sich selbständig macht sollte also durchaus überlegen, ob eine private Krankenversicherung nicht die bessere Wahl im Vergleich zur freiwilligen Krankenversicherung ist, denn hier zahlt man meist weit weniger als die 680 Euro und ist wesentlich besser versichert. Mit einem PKV Vergleich kann man sich hier die Beiträge direkt online ausrechnen lassen.